TAG DREI
Aber bitte mit Sahne –
So gut geht’s den Rentnern im Oberharz
Der letzte Tag ist angebrochen. Wir hinterlassen die Wohnung besenrein, schmeißen den Schlüssel (wie besprochen) in den Briefkasten der Vermieterin und parken das Auto direkt vor unserer Stammbäckerei. Es ist Montag 11 Uhr in Altenau, die Tische der Bäckerei sind belegt mit einer größeren Gruppe junggebliebener Rentner. Camp David trifft auf Rieker Gesundheitsschuhe. Laut Einwohnermeldeamt liegt der Altenauer Altersdurchschnitt derzeit bei 57,6; die Stadt ist also Babyboomer-dominiert. Die Gruppe hier ist aber gefühlt schon ein paar Jahre länger in Rente. Wir fühlen uns jetzt so richtig jung und frisch, und wollen zu unseren finalen Recherchen aufbrechen. In den letzten Tagen haben wir unsere Nasen ja oft genug an die Schaufensterscheibe eines Kosmetiksalons gepresst. Jetzt wollen wir die Besitzerin besuchen. Was sind die neusten Trends? Mögen die Altenauerinnen es eher knallig oder dezent? Und wie ist eigentlich das Foto mit Barbara Schöneberger entstanden, das im Schaufenster steht? Leider ist der Laden geschlossen, und so ziehen wir ohne die Antworten auf diese drängenden Fragen von dannen.
Wieland, Wagner,
Wandertouris
Die Schneeflocken sind mittlerweile auf die Größe von Zwei-Euro-Stücken angewachsen. Wir steuern den einzigen Supermarkt im Ort an: „Pape am Markt“, unsere letzte Station.
Es dauert, bis wir den Marktleiter endlich zu fassen bekommen: Wieland ist sein Vorname, wie der germanische Schmied aus der Sage. Seine Gattin ist die Inhaberin des Supermarkts, der mit Bäcker und Wursttheke alles zu bieten hat, was das Altenauer Herz begehrt. Wieland muss heute einspringen, denn seine Frau ist krank. Die Telefone klingeln – der Mann hat zu tun. Er ist zwei Meter groß gewachsen und trägt ein kariertes Edeka-Hemd. Sein zerzaustes Haar lässt darauf schließen, dass er gerade heimlich ein Nickerchen gemacht hat. Eigentlich ist ihm das alles „ganz schön spontan“, sagt er, und deutet auf die Wanduhr neben der Fleischtheke: Termine und so.
Für ein Portrait zwischen den Gefriertruhen ist er dann aber doch zu haben.
Und schließlich kommt Wieland noch richtig ins Quasseln. Er kennt sich aus im Harz, weiß auch um die politischen Zusammenhänge. So bedauert er zum Beispiel, dass eine Buslinie, die testweise eingeführt wurde, um Altenau an die anderen Harz-Orte anzuschließen, im Februar eingestellt wird. Somit ist Altenau nur noch per tagelangem Fußmarsch durch dunkle Wälder oder eben per Auto zu erreichen. Aber alles in allem gehe es Altenau gut, es kämen auch wieder mehr Touristen. Wandern und Biken seien besonders angesagt. „Pape am Markt“ lebe sogar ganz besonders von den Touristen – und von den Rentnern, die schließlich einen Hauptteil der Einwohnerschaft in Altenau ausmachen. Wieland Pape hat sein Harzhäuschen in Altenau verkauft und lebt jetzt in einer Ferienwohnung auf dem Glockenberg. Er hofft, dass seine Gegend nicht zur reinen Seniorenwohnanlage verkommt. Seit unserem Treffen mit dem Investor in der Brauerei wissen wir aber, dass sicher bald mehr gehen wird auf dem Glockenberg…
Man soll gehen,
wenn’s am schönsten ist
All diese Informationen kaum verdaut, bedanken wir uns bei unserem Wunschkandidaten für das Bürgermeisteramt Altenau und bezahlen unseren Proviant an der Kasse. Wir kämpfen uns durch das plötzlich einsetzende, heftige Schneetreiben zum Auto. Eine letzte TAWA, schon startet Max den Motor. Entlang der Hauptverkehrsader, vorbei am „weltweit größten Kräutergarten“, vorbei am „Klippen-Grill“, vorbei an Uwe und Detlef rauschen wir – fort aus Altenau, wo der Pfeffer wächst.
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TAG DREI
Aber bitte mit Sahne –
So gut geht’s den Rentnern im Oberharz
Der letzte Tag ist angebrochen. Wir hinterlassen die Wohnung besenrein, schmeißen den Schlüssel (wie besprochen) in den Briefkasten der Vermieterin und parken das Auto direkt vor unserer Stammbäckerei. Es ist Montag 11 Uhr in Altenau, die Tische der Bäckerei sind belegt mit einer größeren Gruppe junggebliebener Rentner. Camp David trifft auf Rieker Gesundheitsschuhe. Laut Einwohnermeldeamt liegt der Altenauer Altersdurchschnitt derzeit bei 57,6; die Stadt ist also Babyboomer-dominiert. Die Gruppe hier ist aber gefühlt schon ein paar Jahre länger in Rente. Wir fühlen uns jetzt so richtig jung und frisch, und wollen zu unseren finalen Recherchen aufbrechen. In den letzten Tagen haben wir unsere Nasen ja oft genug an die Schaufensterscheibe eines Kosmetiksalons gepresst. Jetzt wollen wir die Besitzerin besuchen. Was sind die neusten Trends? Mögen die Altenauerinnen es eher knallig oder dezent? Und wie ist eigentlich das Foto mit Barbara Schöneberger entstanden, das im Schaufenster steht? Leider ist der Laden geschlossen, und so ziehen wir ohne die Antworten auf diese drängenden Fragen von dannen.
Wieland, Wagner,
Wandertouris
Die Schneeflocken sind mittlerweile auf die Größe von Zwei-Euro-Stücken angewachsen. Wir steuern den einzigen Supermarkt im Ort an: „Pape am Markt“, unsere letzte Station.
Es dauert, bis wir den Marktleiter endlich zu fassen bekommen: Wieland ist sein Vorname, wie der germanische Schmied aus der Sage. Seine Gattin ist die Inhaberin des Supermarkts, der mit Bäcker und Wursttheke alles zu bieten hat, was das Altenauer Herz begehrt. Wieland muss heute einspringen, denn seine Frau ist krank. Die Telefone klingeln – der Mann hat zu tun. Er ist zwei Meter groß gewachsen und trägt ein kariertes Edeka-Hemd. Sein zerzaustes Haar lässt darauf schließen, dass er gerade heimlich ein Nickerchen gemacht hat. Eigentlich ist ihm das alles „ganz schön spontan“, sagt er, und deutet auf die Wanduhr neben der Fleischtheke: Termine und so.
Für ein Portrait zwischen den Gefriertruhen ist er dann aber doch zu haben.
Und schließlich kommt Wieland noch richtig ins Quasseln. Er kennt sich aus im Harz, weiß auch um die politischen Zusammenhänge. So bedauert er zum Beispiel, dass eine Buslinie, die testweise eingeführt wurde, um Altenau an die anderen Harz-Orte anzuschließen, im Februar eingestellt wird. Somit ist Altenau nur noch per tagelangem Fußmarsch durch dunkle Wälder oder eben per Auto zu erreichen. Aber alles in allem gehe es Altenau gut, es kämen auch wieder mehr Touristen. Wandern und Biken seien besonders angesagt. „Pape am Markt“ lebe sogar ganz besonders von den Touristen – und von den Rentnern, die schließlich einen Hauptteil der Einwohnerschaft in Altenau ausmachen. Wieland Pape hat sein Harzhäuschen in Altenau verkauft und lebt jetzt in einer Ferienwohnung auf dem Glockenberg. Er hofft, dass seine Gegend nicht zur reinen Seniorenwohnanlage verkommt. Seit unserem Treffen mit dem Investor in der Brauerei wissen wir aber, dass sicher bald mehr gehen wird auf dem Glockenberg…
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